(Alb)Traumbilder aus dem Goldenen Zeitalter (Epoca de Aur)
Abbildung der Realität oder Dokumentation sind Anliegen der klassischen Fotografie.
Um Emotionen und Stimmungen zu vermitteln, sind herkömmliche Fotografie-Techniken durch ihre realistische Ausdrucksformen eher begrenzt. Zwar bieten Aufnahmestandort, Lichtführung, Ausschnitt, Belichtung, Brennweite u.a. Gestaltungsmöglichkeiten, letztlich haftet den Aufnahmen jedoch noch viel Realistisches an. Erst die künstlerische Fotografie beabsichtigt, den Schein der Wirklichkeit zu verändern, um eine Botschaft zu vermitteln. Zu den Strömungen solch experimenteller Fotografie gehören die Subjektive Fotografie, aber auch Dadaismus und Surrealismus.
Goldenes Zeitalter nannte das Ceausescu-Regime die letzten Jahre seiner Herrschaft.
In diesen goldenen Käfig waren die Menschen des Landes praktisch eingesperrt.
Erst durch Freikauf konnten Deutsche Rumäniens, darunter die Banater Schwaben, nach Deutschland entkommen.
Hauptsächlich waren es diese Gegebenheiten, die mich zu surrealistischen, verschachtelten Bildkompositionen mittels Mehrfachbelichtungen auf Diafilm anregten.
1984, bei der Temeswarer Fotobiennale fotoson, Königsdisziplin der damaligen Kunstfotografie auf Landesebene, erhielt ich für die Diashow Experiment den großen Preis.
Die surrealistischen Kompositionen eckten nicht direkt in der kommunistischen Wirklichkeit an, wurden aber trotzdem von den Betrachtern so empfunden.
Der Humor der alltäglichen Kommunikation während der Diktatur basierte auf “șopârle” (Eidechsen), auf leicht zu entschlüsselnde Codierungen und Mehrdeutigkeiten, die einerseits auf die von Angst gehemmte Passivität der Gemeinschaft hinweisen, andererseits versuchen, die auferlegte Ordnung zu untergraben.
In der damaligen Bundesrepublik war eine solche Bildsprache nicht nötig, gewohnt und erlaubt war Klartext. So kam es, dass meine surrealen Bilder nach einer Ausstellung in Singen jahrzehntelang in meinem Archiv verschwanden. Nach 40 Jahren seit der Preisverleihung in Temeswar möchte ich hiermit einige dieser (Alb)Traumbilder wieder ans Licht bringen.
Um Raum zur Interpretation zu lassen, sind manche Fotos lediglich mit Titeln versehen, während andere zum besseren Verständnis auch kommentiert sind.
Unter Dach im Goldenen Zeitalter
Nach der Arbeit in die verordnete Zuversicht
Das Staatsfernsehen Rumäniens sendete vor dem Umsturz 1989 nur noch 2 Stunden am Abend. In der Sendung ging es hauptsächlich um das Goldene Zeitalter, ermöglicht durch die Genialität des Diktators und die seiner Ehefrau.
Mit der Faust durch die Wand
Sein oder Nichtsein: habe ich mich für Nichtsein entschieden?
Licht am Horizont
Blutiger Weg in die Freiheit.
Um dem Goldenen Zeitalter zu entkommen, wagten viele die Flucht durch den Eisernen Vorhang. Die Gräber schweigen - Berichte von der blutigsten Grenze Europas - ist der Titel einer Dokumentation darüber von Johann Steiner
Schattenfarben
Universal-Dietrich
In der Bevölkerung Rumäniens etablierte sich in den 1970er/1980er Jahren die amerikanische Zigarettenmarke Kent als zweite, inoffizielle und beliebteste Bakschisch-Währung als bevorzugtes Mittel für Tauschgeschäfte. Daher war es nicht ratsam solche Zigaretten zu rauchen, denn häufig waren sie schon verschimmelt.
Schubladen-Generationen
Riss durchs Mauerwerk der Tradition
Die Banater Schwaben mussten Ende der 80er Jahre um in die BRD (nach Kopfgeldzahlung) aussiedeln zu dürfen, ihre ehemaligen Bauernhöfe oder Häuser für damals umgerechnet einige Stangen Kent-Zigaretten an den Staat verkaufen.
Aneurysma
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