Ein historisches Stadtviertel putzt sich heraus
Fotos: Astrid Ziegler und Hans Rothgerber
Vor genau 280 Jahren, im Jahr 1744 wurde vor den Toren der Festung auf dem Gebiet des heutigen Bezirks Josefstadt Sommersitze mit üppigen Gärten für wohlhabende Bürger, die durch die Habsburger in die Stadt gekommen waren gebaut, die den Namen Neue deutsche Maierhöfe (rumänisch Maierle Noi, ungarisch Új Német Majorok) erhielten.
Im Jahr 1773 reiste Kaiser Joseph II., Maria Theresias Sohn als Graf Falkenstein, incognito durch das Banat und stand für die neue Siedlung vor den Toren Temeswars gewissermaßen Pate. Zu seinen Ehren wurde sie in Josephstadt (ungarisch Jósefváros, rumänisch Iosefin) umgetauft.
Das Palais Alexandru Pisică (Piszika Sándor) (26) an der Ecke der Strasse Johann Nepomuk Preyer und Boulevard Iuliu Maniu, dem wohl eine Verschönerung bevorsteht, an deren Ende es sich hoffentlich frisch verputzt und herausgeputzt präsentiert, steht als Pars pro Toto, quasi sinnbildlich für den Zustand der gesamten charmanten und lebendigen Temeswarer Vorstadt. Frische Farbtupfer leuchten in einem ocker-grau dominierten Straßenbild, in dem historische Gebäude und Sehenswürdigkeiten auf Restaurierung warten.
Denn im Gegensatz zur Inneren Stadt, die anlässlich des Kulturhauptstadt Jahres 2023 auf Hochglanz gebracht wurde, blieben die Palais der Josefstadt mit Patina behaftet in einem Dornröschenschlaf, aus dem sie Stück für Stück erwachen.
1. Mit dem Vaporetto in die Josefstadt
Der Zuweg zur Josefstadt führt über eine Bega-Brücke, die die Innere Stadt (Cetate) mit der Josefstadt (Iosefin) verbindet. Einst war sie aus Holz, dann aus Eisen, heute schreitet man über die Brücke Podul Maria (Podul Traian / Podul Huniade / Hunyadi híd / Große Brücke) über die Schwelle zur Vorstadt.
Die Bedeutung der Josefstadt hängt eng mit der günstigen Lage am schiffbaren Teil der Bega zusammen. Der städtische Hafen entstand hier am Kanal und wurde zu einem wichtigen Knotenpunkt für den Gütertransport auf dem Wasser. Auch der 1857 eröffnete und 1899 erweiterte Bahnhof Timişoara Nord spielte eine entscheidende Rolle für die im 19. Jahrhundert fortschreitende Industrialisierung.
Per Vaporetto die Bega entlang kommt man bequem an einigen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei: Unter der Eisenbrücke durch schippert man an verschiedenen Palais an der Tabakfabrik, dem Wasserturm und den Getreidesilos vorbei.
2. Drei Stadtteile in einem Bild
Ansicht von der Begapromenade, die zur Inneren Stadt gehört, links im Bild in Renovierung das Franz Marschall Palais in der Elisabethstadt (Elisabetin), zu Ehren der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn so genannt und das Wasserpalais, das schon in der Josefstadt (Iosefin) liegt.
Von hier aus wurde die Schifffahrt auf der Bega reguliert. Das ursprünglich mit vielen Wassermotiven geschmückte Palais wurde in den letzten Jahrzehnten aufwendig saniert, und flankiert auf prunkvolle Weise den den Eingang in die Vorstadt, die ihren Aufschwung der Bega Schifffahrt zu verdanken hat.
3. Ornamente am Wasserpalais, dem Sitz der Verwaltung der Banater Gewässer
Der Sitz der Verwaltung der Banater Gewässer wurde nach den Plänen von Lipót Baumhorn errichtet, die Aufsicht über die Bauarbeiten hatte der Architekt Karl Hart übernommen. Das Wasserpalais ist einer der schönsten Paläste der Stadt. Monumental, doch mit einer schwungvollen Silhouette versehen, durch einen aufragenden Turm gekrönt stellt es einen glanzvollen Auftakt zu unserem virtuellen Josefstadt-Rundgang dar. Neben neobarocken Elementen zeigen Jugendstil-Verzierungen passend zum Gebäudezweck Fische, Fischköpfe und Muscheln.
4. Eine Brücke von Eiffel bleibt ein frommer Wunsch
Podul de Fier (deutsch Eisenbrücke, ungarisch Közötti híd) ist der Name einer stählernen Fußgängerbrücke, die 1917 an der Stelle einer ehemaligen Fährverbindung errichtet wurde. Bei ihrem Bau wurde die Stahlkonstruktion der ehemaligen Brücke Hunyadi hid wiederverwendet, die 500 Meter flussaufwärts abgebaut worden war.
Im Volksmund wird die Brücke auch Podul Eiffel genannt.
In den 1970er Jahren bis heute wurde hartnäckig die Legende verbreitet, dass die Stahlkonstruktion der Brücke nach einer Zeichnung von Gustave Eiffel, dem Erbauer des Pariser Eiffelturms, errichtet worden wäre. Dieses Gerücht hat sich jedoch nach Einsicht der Konstruktionspläne nicht bestätigt.
5. Die Kleine Hagia Sophia in der Josefstadt von Klein Wien
Die Kirche der Jungfrau Maria Geburt (rumänisch Biserica Nașterea Maicii Domnului) auf der Piața Alexandru Mocioni wurde nach den Plänen des Architekten Victor Vlad im neobyzantinischen Stil 1936 fertiggestellt und ist vom Vorbild der byzantinischen Kathedrale Hagia Sophia inspiriert, indem das Modell der Strebepfeiler, der Form der Kuppel und des separaten Glockenturms übernahm.
Im Inneren befinden sich Wandmalereien der Banater Kirchenmaler Catul Bogdan und Ioachim Miloia sowie Schnitzereien von Stefan Gaio.
6. Das Jakab Fischer Palais, ein sehenswerter Farbtupfer
Das frisch renovierte Jakab Fischer Palais am Alexandru-Mocioni-Platz Nr. 5 aus dem Jahr 1910 hinter der orthodoxen Kirche wurde vom Architekten Gábor Fodor entworfen. Auftraggeber und Namensgeber des Gebäudes war der jüdische Geschäftsmann und Mitinhaber eines Tischlerei und Zimmermannsbetriebs, der im Jahr 1902 die Kanzel aus Eichenholz in der reformierten Kirche an dem Platz Maria, von der einst der Umsturz der Ceauşescu Diktatur ausgehen sollte, schuf.
Frisch renoviert bildet das Jakab-Fischer-Palais in seiner gelungenen Farbigkeit einen der sehenswerten Farbtupfer in der Josefstadt.
7. Flaniermeile und Geschäftsstraße in Einem: Der Bulevardul Regele Carol I.
Die Straßen der Josefstadt wurden wie in vielen Banater Ortschaften, die in der Habsburgerzeit entstanden, auf weitgehend rechteckiger Struktur planmäßig angelegt. Sie sind noch weitgehend frei von Touristen, die diesen Stadtteil noch nicht entdeckt haben, man trifft stattdessen Einheimische.
Trotzdem gibt es Einkehrmöglichkeiten. An der Ecke befindet sich ein Café, das im Souterrain im Bulevardul Regele Carol I. eingezogen ist.
Ein paar Schritte weiter befindet sich ein Laden zur Reparatur von Lederwaren. Nachhaltigkeit hat hier Tradition. In den 70er Jahren gab es in dieser Straße Geschäfte zur Reparatur von Regenschirmen und Seidenstrumpfhosen. Ich begleitete meine Mutter damals oft wenn sie Strümpfe la remaiat oder zum Remaieren brachte.
8. Das Temeswarer Puppentheater, ein Traum für Generationen von Kindern
Zunächst war die Existenz des Puppentheaters mit der des Staatstheaters Timișoara verbunden, bis es 1954 zu einer unabhängigen Institution wurde. Ab 1956, als das Theater seine eigenen Räumlichkeiten in einem denkmalgeschützten Gebäude erwarb, wurden die Aufführungen vielfältiger und die nationale Anerkennung ließ nicht lange auf sich warten.
Meine Liebe zum Puppentheater wurde schon früh geweckt. Der Besuch der Marionetten-Vorstellungen gehörte seit meinem vierten Lebensjahr zum festen Sonntagsprogramm mit meinem Vater. Die Vorstellung Pit cel albastru zum Beispiel besuchten wir unzählige Male, ohne dass bei mir dabei Langeweile aufkam.
9. Palais mit Patina doch neu gedeckt
Das Palais Martin Gemeinhardt, früher Hotel Splendid, neben der Bega, erbaut in den Jahren 1911–1912 im Jugendstil mit geometrischen Dekorationen. Die Bega-Brücke davor wurde von Podul Stefan cel Mare in Podul Dragalina umbenannt und führt zum Nordbahnhof.
10. Eine gute Adresse für Bücherfreunde
In stilvollem Ambiente ist die Librărie (Buchhandlung) Diverta im Erdgeschoss des ehemaligen Sparkassenpalais an der Ecke Bulevardul Carol I./Bulevardul General Ion Drăgălina, der einstigen Herrengasse, untergebracht. Ich kann nicht widerstehen und nehme Frumoasele Străine von Mircea Cărtărescu mit nach Hause.
11. Leihräder vor dem ehemaligen Sparkassenpalais
Am Palast der Temeswarer Sparkassen Bank, Zweigstelle Josefstadt, erbaut im Jahr 1898 und entworfen vom Architekten Eduard Reiter gibt es als besonderes Detail ein Bienenkorb Relief. Der Bienenfleiß scheint ein beliebtes Symbol für das Horten von Geld und somit für das Sparen gewesen zu sein. Denn auch an der Fassade des berühmten Miksa Steiner Palais, des Zuckerbäcker-Hauses am Domplatz, das im Erdgeschoss auch eine Bank beherbergte, befindet sich als Dekor ein Bienenstock.
Tradition und Moderne verbinden sich in dieser Ansicht von dem ehemaligen Bankgebäude. Das Fahrrad ist auch in Temeswar ein flottes Fortbewegungsmittel, bei angenehmen Temperaturen außerdem auch ideal für eine Besichtigung der Josefstadt.
Die römisch-katholische Kirche im Quartier Iosefin ist nach dem Dom zu Temeswar und der Vorgängerin der heutigen Piaristenkirche Heiliges Kreuz die älteste Kirche der Stadt. Sie wurde im Jahr 1774 im Stil des Barock vollendet und im Dezember 1775 durch Leonhardus Rothenbach im Auftrag des Bischofs des Csanáder Bistums, Franz Anton Engl Graf von Wagrain, zum Fest der Mariä Geburt am 8. September geweiht. Es wird angenommen, dass der Architekt aus Wien stammte. Bis zur Errichtung ihrer eigenen Pfarrkirchen war diese Kirche auch für die römisch-katholischen Gläubigen der benachbarten Bezirke Mehala (bis 1888) und Elisabetin (bis 1919) zuständig.
Obwohl Anfang des 20.Jahrhunderts für die gewachsene Gemeinde zu eng geworden war, bedeutete die Auswanderung der deutschen katholischen Bevölkerung einen gewaltigen Aderlass. Heute bewegt sich die Anzahl der Gläubigen nur noch im mittleren dreistelligen Bereich. Doch bei unserem Besuch hörten wir in der Kirche ein Rosenkranzgebet in deutscher Sprache.
13. Ordensschwestern aus München wirken in der Stadt an der Bega
Auf Vermittlung von Bischof Alexander Csajághy des Bistums Szeged-Csanád gelangten 1858 sechs Schwestern der 1833 gegründeten Münchner Ordensgemeinschaft der Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau in das damalige Temeswar, die sich hier fortan die Armen Schulschwestern Notre Dame nannten. Der nachfolgende Bischof Alexander Bonnaz gründete zwischen 1880 und 1889 im Stadtteil Josefstadt einen großzügig angelegten Gebäudekomplex bestehend aus dem Haupthaus des Instituts der Armen Schulschwestern, der Notre-Dame Klosterkirche Heiliges Herz Jesu und mehreren Schulgebäuden.
Die Kirche wurde im neoromanischen Stil errichtet. Sie dient nach wie vor hauptsächlich den Ordensschwestern als Gotteshaus, die hier die heilige Messe in deutscher Sprache halten. Jeden Sonntag wird sie auch in bulgarischer Sprache gehalten. Die Klosterkirche ist zur Zeit eingerüstet und wird bald in neuem Glanz erstrahlen.
14. Nach über vierzig Jahren in der ehemaligen Schule
Für mich hält der Schulkomplex zahlreiche Erinnerungen an meine eigene Schulzeit in der damaligen Şcoala Generală Nr. 8 bereit.
15. Lehrerinnen für das Banat
Im Bildungsinstitut der armen Schulschwestern wurden unzählige Lehrerinnen ausgebildet, von deren gründlichem Wissen auch noch das Schulwesen in der Zeit des Kommunismus profitierte. Hier ein Bild von Ende der dreißiger Jahre, auf dem unter vielen anderen jungen Mädchen und Frauen, die in den Bildungseinrichtungen des Banats tätig werden sollten, auch meine beiden Großmütter abgelichtet sind.
16. Eine Feuerwache von einem Star-Architekten
Die Josefstädter-Feuerwache ist ein historisches Denkmal in Temeswar, das von keinem geringeren als László Székely im Stil des 20. Jahrhunderts entworfen wurde. In Temeswar stammt die erste Verordnung für Feuerwehrleute vom 13. März 1774 und sie enthielt spezifische Brandschutzanweisungen und Bestimmungen zur Organisation des Einsatzes. 1936 ordnete das Innenministerium die Militarisierung der Temeswarer Feuerwehr an. Ein marodes Dach, und herabfallender Putz an den Hausecken zeigen auf den ersten Blick, dass das Baudenkmal, das Temeswar immerhin seinem berühmtesten Stadtarchitekten zu verdanken hat, Renovierungsbedarf aufweist.
17. Filmkunst im Kommunismus
Das gepflegte Haus mit Garten von Weisz Lajos, das 1894/95 mit Elementen des Neobarock und Neorokoko mit einem imposanten Turm entstand, weist oberhalb des Tors noch ein Medaillon mit einem W, der Initiale der Familie des Bauherrn auf.
Der Garten beherbergte seit der Zwischenkriegszeit ein Kino, das schon im Jahr 1926 eingeweiht wurde und noch bis 1948 in königstreuer Tradition Regal hieß. In kommunistischer Zeit war hier das “Arta” -Kino untergebracht, das aufgrund der zum Teil hochwertigen Filmkunst Streifen, die es zeigte, großer Beliebtheit erfreute.
Ende der 70er Jahre zum Beispiel lief hier der dänische Film Pelerina roșie, der mir aufgrund der Brutalität und der freizügigen Szenen nachhaltig in Erinnerung blieb.
Derzeit hat das Ungarische Staatstheater Csiky Gergely den Saal und den Garten für geplante kulturelle Events übernommen.
18. Die Vorstadtkneipe: Einkehrmöglichkeit für Nachtschwärmer
Im Josefin Pub am Markt gibt es die Möglichkeit auch nachts im Viertel feucht-fröhlich zu feiern. Freitags und samstags können sich hier Gesangstalente im Karaoke üben. Die Farmacie (Apotheke) in enger Nachbarschaft stellt bei Bedarf das Medikament gegen den Kater für den nächsten Morgen bereit.
19. Der Josefstädter Markt, das kulinarische Zentrum
Wir bauen in unseren Streifzug auch einen Einkaufsbummel am Josefstädter Markt ein. Einst verkauften hier Fratschlerinnen aus Freidorf. Auch heute noch gibt es hier Produkte aus der Region. Wir kaufen Tomaten aus dem modernsten Gewächshaus Rumäniens in Billed, frischen Schafskäse (Telemea de oaie) und einen Blumentopf mit herrlich duftenden magentafarbenen Nelken.
20. Ein Industriedenkmal liegt brach
Als letztes Fabrikgebäude der Josefstadt, die im Lauf der Zeit eine wichtiger Industriestandort war, ist die Zigarettenfabrik als einzige stehen geblieben. Weichen mussten im Laufe der Jahre z.B. die Bänder- und Hutfabrik, die Kettenfabrik, die Zündholzfabrik, die erste Spiritusfabrik und die Kandia-Süßwaren.
Die Tabakfabrik ist das älteste Werk seiner Art in Rumänien und war nach Fiume (dem heutigen Rijeka) die größte Fabrik unter der österreichisch-ungarischen Monarchie. Sie wurde 1846 gegründet, noch vor der Einführung des staatlichen Tabakmonopols.
1910 waren etwa 15–20 Prozent aller Arbeitnehmer der Stadt Temeswar in der Tabakfabrik beschäftigt. Nach der Rumänischen Revolution ging die Tabakfabrik in der Galaxy Tobacco Gruppe auf. Zwölf Zigarettenmarken wurden hier produziert, darunter auch Carpați und Snagov. Im Jahr 2003 wurde die Fabrik schließlich geschlossen.
21. Ungleiche Zwillinge
Die Csermak-Zwillingstürme wurden 1907 erbaut und waren Eigentum der Zwillingsbrüder Nandor und Tamas Csermak. Die Handelsräume im Erdgeschoss öffnen sich in Richtung des Iuliu-Maniu-Boulevards und auf das Gässchen zwischen den Gebäuden zu. Die schmale Straße hat als berühmtes Vorbild die bekannten Budapester Straße Váci utca, in der sich eine Fußgängerzone mit Einkaufmöglichkeiten befindet.
Im Jahr 2013 rettete der Entwurf zur Rundumsanierung den vom Einsturz bedrohten rechten Zwilling.
22. Die Josefstädter Synagoge, ein Gotteshaus, das sich ins Straßenbild einfügt.
Die Synagoge wurde 1895 im eklektischen Stil mit maurischen, neoromanischen und neogotischen Elementen erbaut. Zur Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert war die jüdische Bevölkerung der Vorstadt stark angewachsen. Im Jahr 1871 etablierte sich die orthodoxe jüdische Gemeinde mit ihrem Zentrum in der Josefstadt. Das Ritualbad (Mikwe) und das rituelle Schlachthaus waren hier bis in die 80er Jahre in Funktion, obwohl die jüdische Bevölkerung schon ab den 50er Jahren durch Auswanderung kontinuierlich zurückging.
Bis zur Zeit der Judenverfolgung gab es im Umkreis der Synagoge, auf der Preyer-Gasse, dem Maniu Boulevard, auf der heutigen Strada Văcărescu und dem früheren Scudier Platz kleinere und große jüdische Geschäfte, von denen wichtige Impulse zur wirtschaftlichen Entwicklung der Vorstadt ausgingen.
Zurzeit ist die Josefstädter Synagoge als einzige der drei großen Synagogen der noch in Temeswar lebenden Juden regelmäßig als Gotteshaus noch in Gebrauch.
23. Ein Turm für das Temeswarer Trinkwasser
Wassertürme waren für die Wasserversorgung notwendige Bauwerke, die in einem Hochbehälter Trinkwasser einerseits speicherten, andererseits durch die Schwerkraft auch für ausreichenden Druck in der Leitung sorgten.
Der Josefstädter Wasserturm wurde 1914 nach Plänen des Stadtarchitekten László Székely auf einer Fläche von 638 Quadratmetern und mit einer Höhe von 52 Metern fertiggestellt. Im Jahr 1912 war bereits am anderen Ende des Wasserleitungsnetzes im Bezirk Fabrikstadt zum Druckausgleich während der Stoßzeiten ein weiterer baugleicher Wasserturm entstanden. Zur Verständigung zwischen den Türmen wurde damals schon ein Telefon benutzt. Der Turm blieb bis 1940 in Betrieb. Er stellt auch heute noch ein bauliches und technisches Denkmal dar, das hoffentlich bald eine Umnutzung erfährt.
24. Die Josefstadt aus der Vogelperspektive
Der Bau des Bega-Kanals galt als eine hervorragende Leistung der Habsburgerzeit und stand unter der Führung des Grafen Claudius Florimund Mercy. Unter technischer Leitung von militärischen Fachleuten wurde der Kanal von 1727 bis 1733 angelegt und bildete die Voraussetzung für die städtebauliche Anlage und Entwicklung der Josefstadt.
Der Kanal wurde vor kurzem über zwei Jahre entschlammt und ausgebaut und ist seit 2011 in Teilen wieder schiffbar.
Aus der Vogelperspektive sind vor allem die vier Bega-Brücken zu erkennen.
Das größte Wandgemälde Rumäniens wurde in Timișoara im Rahmen eines Projekts im Zusammenhang mit der Europäischen Kulturhauptstadt 2023 geschaffen.
Eine Woche lang malten 4 rumänische Künstler auf der über 500 Quadratmeter großen Seitenwand des Getreidespeichers am Ufer der Bega.
Das Gemälde zeigt drei Gesichter und symbolisiert die Vielfalt, aber auch die Meinungsfreiheit. Das erste Bildnis, das einen Mann mit Bart darstellt, soll die Vergangenheit symbolisieren, das zweite, eine weibliche Figur, die einen Finger als Geste des Schweigens an den Mund legt, steht für die Gegenwart. Die Schweigeminute soll der Revolution gelten, die in der Stadt an der Bega ihren Anfang nahm. Die Sonne über dem Werk soll Zukunft und Hoffnung ausdrücken.
Gegenüber den Getreidesilos an der Bega befindet sich eine Vaporetto- Haltestelle, von der aus man zurück in die Temeswarer Innere Stadt fahren kann oder weiter in die anderen Vorstädte, die Elisabethstadt und die Fabrikstadt.
Für diejenigen, die noch nicht genug von der Josefstadt haben, gibt es hier als Bonus den Dialekt, wunderbar gesprochen von dem Josefstädter Franzi alias Alexander Ternovits.
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