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Das Haus in Paulisch

Für Theresia Reingruber



Redaktionelle Bemerkung von Astrid Ziegler


Dicht unter dem Alltag liegt die Poesie.

Man braucht die Schicht des Alltäglichen nur zu ritzen,

dann kommt sofort Poesie zum Vorschein

Eugene O'Neill


Edith Achim wurde im Jahr 1946 in Neubeschenowa geboren, studierte in Temeswar an der Universität Germanistik und war in Piatra Neamț und Bukarest als Lehrerin für Deutsch tätig. Seit 1990 lebt sie mit ihrer Familie in Stadtbergen bei Augsburg.

Wir lernten Edith über Theresia (Resi) Reingruber kennen, die den Kontakt vermittelte. Resi kannte ihre Gedichte schon länger und riet uns sie einer größeren Leserschaft zugänglich zu machen. Wir wählten damals eines ihrer Naturgedichte und eines über unsere gemeinsame Herzensstadt Temeswar. Der Beitrag, der mit Fotos von Hans Rothgerber versehen eine schöne Bild-Text-Kombination wurde, fand guten Anklang.

Doch damit hörte unsere Beziehung zu Edith nicht auf, ja sie vertiefte sich vielmehr. Zwischen uns entspann sich eine rege Korrespondenz, in deren Rahmen mir Edith Achim in regelmäßigen Abständen ihre neuesten Gedichte schickt. Mindestens einmal im Monat bekomme ich einen lyrischen Blick auf das Zeitgeschehen, der so inspirierend ist, dass ich Edith erstmals auch in Versen antwortete.

Das neueste Gedicht, das uns erreichte, ist eine Widmung an Resi Reingruber, die Frau, durch die wir uns kennen lernten und hat das Haus in Paulisch, unseren Familiensitz zum Thema, durch den meine Cousine und ich wiederum verbunden sind. So entstand ein zart geknüpftes lyrisches Geflecht in dem wir drei Frauen aus dem Banat, Edith, Resi und Astrid in den Strophen eines Gedichts festgehalten und miteinander verbunden in Erscheinung treten. Wir wollten es Ihnen nicht vorenthalten, begeben wir uns zusammen nach Paulisch.


 

Das Haus in Paulisch, weißgetüncht und ziegelüberdacht,

im L-Form-Schnitt und mit Veranda zugemacht,

das steht umringt von Garten, Bäumen, Feld

und gegenüber noch die Kirche sich dazugesellt.

Mit guten Nachbarn, die allzeit bereit

zum Helfen sowie zur Geselligkeit.

Und von dem Hügel mit den vollen Reben

ein milder Wind weht mitten in das Leben.

Gepflegt und liebevoll geführt

von Astrid, die die gleiche Sehnsucht spürt,

das Haus für die Familie hat erhalten,

auch wenn sie´s öfter aus der Ferne muss verwalten.

Für dich ist die Erinnerung ans Haus

etwas, das füllt dein ganzes Leben aus.

Wo Du die Kindheit hast verbracht

und auch dein Sohn die ersten Schritte hat gemacht.

Wo alles prall mit Leben war gefüllt

und kaum ein Kindertraum blieb unerfüllt.

Wo Du -erwachsen- hast gehegt,

was es umgab, und Samen hast gesät

und Pflänzlein in den reichen Boden setztest,

mit eignen Händen harktest, netztest.

Um dann dich an der Ernte zu erfreuen

und Haus und Hof voll Liebe zu betreuen.

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Die Zeit verging und es hieß Abschied nehmen.

Das Haus, es steht noch an dem gleichen Ort.

Es steht für Treue und für´s Sehnen.

Aus deinem Herzen nimmt es keiner fort.

Selbst ich, die dieses Haus nur von den Bildern kennt

und durch die Schilderungen von euch beiden,

bin tief berührt und spüre, wie ihr dafür brennt.

Am liebsten möchte man auch dort verweilen.

Das Haus in Paulisch ist nicht nur ein Haus.

Es ist ein Universum an Gefühlen,

Erfahrungen, die füllten jeden Winkel aus.

Ganz intensiv kannst Du sie heut´ noch spüren.


(30.06.2024)


Fotos: Hans Rothgerber

6 Comments


Guest
Jul 07

Ein Dankeschön an Edith Achim, Astrid Ziegler und Hans Rothgerber


Als ich am Mittwoch, den 3. Juli, Edith zu mir auf ein gemütliches Zusammensein eingeladen habe, ahnte ich nicht welch ergreifendes und wohltuendes Treffen das sein wird.

Ich hatte eine Überraschung geplant. Ich wollte ihr nämlich die DVD vom Paulischer Treffen 2017 zeigen, bei dem der Chor der Banater Schwaben Augsburg unter der Leitung von Werner Zippel sowie Edith als Chormitglied mitwirkten. Es kam aber anders als gedacht. Edith kam mir zuvor indem sie, als sie herein kam, sagte:" Resi, ich hab eine Überraschung für dich" und drückte mir einen Briefumschlag in die Hand. Ich öffnete ihn...

Das Paulischer Haus

(Für Theresia Reingruber)

....Herzlichst Edith Achim

Ich las das Gedicht…


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Guest
Jul 07
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Liebe Resi, jetzt fehlen mir die Worte....Deine Stellungnahme ist überwältigend. Und das Bild vom "Stück Heimweh", das sich in der kleinen Tasche versteckt hat und mitgezogen ist, ist einfach großartig. Ich spüre, dass wir alle von dem Gedicht berührt sind, das so viele Erinnerungen wachruft, deren Wert einem vielleicht erst heute so richtig bewusst wird. Vieles von dem, was wir damals als selbstverständlich betrachtet haben, erkennen wir heute als sehr wertvolle Seiten unseres Lebens.

Edith

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Liebe Edith, das hast du wunderbar auf den Punkt - in die Zeilen - gebracht. Ein bewegendes, schönes Gedicht, das dich, liebe Astrid, bestimmt auch freut.

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Ja, das stimmt. Liebe Grüße!

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