Es ist Faschingszeit und wir sind gerade dabei, eine Party für die Kinder steigen zu lassen. Das Motto lautet diesmal Unterwasserwelt und wir haben mit blauen Luftballons stundenlang unser Wohnzimmer in ein riesiges Aquarium verwandelt. Blaue heliumgefüllte Ballons hängen an der Decke. An der Wand, an der sonst der Fernseher ist, gibt es eine Projektion, die in den Ozean blicken lässt. Schildkröten, Quallen und die exotischsten Fische schwimmen darin herum, so dass der Eindruck entsteht, man ist mittendrin in der Unterwasserwelt.
Ich selbst klinke mich bei den Vorbereitungen von Zeit zu Zeit aus um über den interdisziplinären Tellerrand zu blicken und eine Debatte zu verfolgen, die sich zur Zeit unter Lyrikern, tatsächlichen Experten und selbsternannten Literaturkritikern abspielt. Vor kurzem wurde nämlich der Peter-Huchel-Preis, vom Land Baden-Württemberg und dem Südwestrundfunk verliehen, wie man durch Presse und SWR erfahren kann, um neben der mir dahin unbekannten Prämierung auch gleich eine neue Dichterin kennen zu lernen, nämlich Judith Zander.
Die diesjährige Preisträgerin, mit dem zur Unterwasserwelt passenden Namen, platzte mitten in unsere Faschingsvorbereitungen. Was für eine witzige Koinzidenz, zumal auch die Gedichte aus dem prämierten Band: im ländchen sommer im winter zur see, die stellenweise wie Treibgut in der Berichterstattung angeschwemmt wurden, mir auf's Erste Spaß machten. Obwohl ich mir noch kein richtiges Urteil bilden konnte, wurde ich neugierig auf nähere Auseinandersetzung mit diesen Gedichten.
Die Debatte über die Lyrik von Judith Zander und darüber, ob der Preis zurecht oder zu unrecht verliehen worden war, reißt mich gerade wie ein Sog mit, dem ich mich nicht entziehen kann. Auf Facebook fliegen die Fetzen und ich muss schon sehr staunen, wie in dem Haifischbecken um die Lyrik Debatte große Fische von noch größeren gefressen werden. Wer kann da als Goldfisch bei der Analyse und Interpretation noch mithalten, wenn Riesenkraken mit Rhetorik und Dialektik jonglieren?
An der Zander, die man schmähen wollte, prallt es ab. Sie gibt gelassen ein Interview und schwimmt in ruhigere Gewässer. Darin kommt sie sympathisch rüber, erklärt freundlich, wie sie beim Dichten vorgeht und dass ihre Lyrik für den, der es erkennen kann, durchaus Tiefgang hat. Ich beschließe das Buch der Frau, die so mit Schlamm beworfen wurde, mir zuzulegen.
Doch nun muss ich aufhören, die Unterwasserparty geht gleich los. Mein Kostüm liegt schon bereit, ich gehe als Nemo. Noch schnell ein paar Gedanken... Es wäre schön, wenn Lyrik aus dem Elfenbeinturm heraus käme und das Interesse eines breiten Publikums geweckt werden könnte, auch junge Leute ins Boot geholt würden. Wenn kontroverse Diskussionen ohne Beleidigungen möglich wären. Lassen wir Standesdünkel beiseite und reden so, dass auch diejenigen, die nicht zu den Super Experten gehören, an der Debatte teilnehmen können. Doch das sind nur die Ansichten eines Clownfischs.
Alaaf! Helau! Wolle mer se reinlasse!
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